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20. Oktober 2015

Förderung studentischer Integrationshelfer im Rahmen des dualen Studiengangs „Armut und (Flüchtlings-)Migration“

Beim Planerladen e.V. arbeitet seit September 2014 eine Studentin der Sozialen Arbeit, seit September 2015 sind zwei weitere Studierende als studentische Integrationshelferinnen und -helfer eingestellt worden. Sie studieren parallel an der Fachhochschule Dortmund in dem neu eingerichteten dualen Bachelor-Studiengang „Armut und (Flüchtlings-)Migration“. Die Studierenden haben durch ihren eigenen Migrationshintergrund einen leichteren Zugang zu der Gruppe der Neuzugewanderten und können dadurch schnell Vertrauen in die Zielgruppe aufbauen und bei Schwierigkeiten im Alltag wie z.B. bei Behördengängen oder Arztbesuchen aufgrund von Sprachbarrieren oder Wissensdefiziten bzgl. bürokratischer Anforderungen unterstützen.

Mit finanzieller Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Europäischen Sozialfonds

Problemaufriss: Zuwanderung nach Dortmund – aktuelle Zahlen

Ende April 2015 waren in Dortmund offiziell 6.971 Menschen mit rumänischer oder bulgarischer Staatsangehörigkeit gemeldet (siehe Abbildung). Damit hat sich die Zahl stadtweit seit Ende 2006 mehr als verzehnfacht, in manchen Quartieren sogar verhundertfacht. Mit dem Wegfall der Beschränkungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit zum 1. Januar 2014 stiegen die monatlichen Zuzugszahlen, die sich seit dem Jahr 2014 auf einem hohen Niveau bei über 6.500 Personen eingependelt haben.
61% der offiziell aus Bulgarien und Rumänien Zugewanderten leben im Stadtbezirk Innenstadt-Nord, dessen drei Sozialräume durch soziale Schieflagen gekennzeichnet sind. Von den hier gemeldeten Neuzugewanderten leben über zwei Drittel im von stark verdichteter Bevölkerungsstruktur geprägten Sozialraum Nordmarkt.
Die Zielgruppe besteht einerseits aus einer bildungsfernen, schwer zu erreichenden „sehr mobilen Teilgruppe“ (hohe Fluktuation) und andererseits einer Gruppe größtenteils ebenfalls beruflich gering qualifizierter Menschen mit dauerhafter Bleibeabsicht, die sich komplexen Problemlagen gegenübersieht.

Der Problemdruck ist nach wie vor sehr hoch: Hintergrund und Erfordernis

Die Erfahrungen des Planerladen e.V. und anderer Dortmunder Hilfe- und Beratungsangebote belegen, dass ein Großteil der nach Dortmund Zugewanderten auch hier unter teilweise prekären Umständen lebt. Nur durch ein gut aufeinander abgestimmtes, kultursensibles Beratungs- und Unterstützungsangebot können sie effektiv darin unterstützt werden, eine nachhaltige Erwerbs- und Lebensperspektive zu entwickeln.
Es hat sich in der praktischen Arbeit gezeigt, dass die psychosozialen Hilfeangebote bei der anspruchsvollen Aufgabe, vertrauensvolle Zugänge zu den verschiedenen ethnischen Gruppen der Neuzugewanderten zu schaffen und deren zum Teil multikomplexen Problemlagen fachlich adäquat zu begegnen, an ihre Grenzen kommen – sei es aufgrund unzureichender personeller Ressourcen in den Regelangeboten oder der teilweise nicht ausreichenden Handlungskompetenz der Fachkräfte in diesem speziellen Tätigkeitsfeld (z.B. Verständigungsbarrieren). Die fachliche Arbeit ist dadurch deutlich erschwert und zeitintensiv und bündelt sich bei den wenigen Sozialarbeitskräften, die über ein entsprechendes sprachliches und kulturelles Know-how verfügen und dadurch eine enorm verdichtete Arbeitsbelastung erfahren.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Armutsmigranten bis dato nur unzureichend vom Hilfesystem erreicht werden. Der notwendige kultursensible Zugang gelingt oft schwer, teilweise gar nicht. Das Ziel einer gelingenden Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt kann somit nicht erreicht werden. Hier muss durch eine entsprechende Unterstützung des Sozialwesens gegengesteuert werden.

Konzeptansatz, Inhalt und Aufgaben des dualen Studiengangs

Die zunehmenden Herausforderungen im Bereich der sozialen Arbeit waren auch Thema im Rahmen der langjährigen Kooperation zwischen dem Fachbereich angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Dortmund und dem Sozial- sowie dem Jugenddezernat der Stadt Dortmund. Die FH griff diese Erkenntnis auf und entwickelte ein Konzept für die Einrichtung eines Bachelor-Studiengangs Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt „Armut und (Flüchtlings-)Migration“.
Inhaltlich werden hier insbesondere Armuts- und Flüchtlingsthemen behandelt, die vor dem Hintergrund des bestehenden Armuts- und Reichtumsgefälles in der EU und der weltpolitischen Ereignisse zunehmend eine Rolle in der sozialen Arbeit in den Zielstädten und -quartieren spielen werden. Im Fokus stehen Zugänge zu Menschengruppen, die bisher nicht oder nur schwer erreicht werden können.
Um die Handlungsfähigkeit der sozialen Arbeit zu erhöhen, werden bei den im Handlungsfeld tätigen städtischen Fachbereichen und den freien Trägern 32 Studierende der Sozialen Arbeit als Integrationshelferinnen und -helfer eingesetzt werden, die den neu an der FH Dortmund eingerichteten dualen Bachelor-Studiengang absolvieren. Zwei Drittel von Ihnen befinden sich bereits im dritten Semester, 9 haben gerade das erste Semester aufgenommen. Alle Studiereden haben Migrationshintergrund und verfügen über relevante Sprachkenntnisse (Südosteuropa).
Die bisherigen Erfahrungen der beteiligten Träger und der FH sind durchweg positiv. Die Interessengemeinschaft Sozialgewerbliche Beschäftigungsinitiativen (ISB) hat die Fördermittel beim Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW zentral beantragt und ist zuständig für die administrative Projektdurchführung. Die Stadt Dortmund übernimmt die Gesamtkoordination.

Folgende Träger sind am Projekt beteiligt und halten geförderte Praxisstellen für die studentischen Integrationshelfer vor:
Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Dortmund, Caritasverband Dortmund e.V. , Diakonisches Werk Dortmund und Lünen gGmbH, GrünBau gGmbH, Planerladen e.V., Soziales Zentrum e.V., Stadt Dortmund

Weitere Informationen finden Sie -> hier auf der Projektseite.