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19. März 2020

Europäische Kommission: Rassistische, antisemitische sowie antimuslimische Aussagen verstärkt im öffentlichen und politischen Diskurs - Institutioneller und struktureller Rassismus besteht weiterhin!

Der in der sechsten Prüfungsrunde entstandene Bericht der Europäischen Kommission (ECRI) gegen Rassismus und Intoleranz zeigt, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auf struktureller und institutioneller Ebene sowie Alltagsrassismus ein weitverbreitetes Problem in der Gesellschaft in Deutschland sind. Dies zeigt sich verstärkt in Hassreden und Kommentaren im Internet , drückt sich aber auch in höchst gewaltvollen Formen aus, wie die traurigen und erschreckenden Ereignisse in Chemnitz und Hanau zeigen.

Die ECRI ist ein Gremium des Europarates, welches in regelmäßigen Abständen die Lage zu den Themen Rassismus, Antisemitismus, LSBTIQ-Feindlichkeit und weiteren Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in europäischen Ländern untersucht und Empfehlungen zu Gegenmaßnahmen und Strategien veröffentlicht. Der jüngste Bericht bezieht sich auf Entwicklungen bis Juni 2019 und legt einen Fokus auf die Themen „Effektive Gleichstellung und Zugang zu Rechten“, „Hassrede und hassmotivierte Gewalt“ sowie „Integration und Inklusion“.

Handlungsempfehlungen der Kommission

Es wurden 15 konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen, zwei davon als besonders notwendig und als sofortig umzusetzen eingestuft. Zum einen beinhaltet dies ein untereinander abgestimmtes Unterstützungssystem von unabhängigen Antidiskriminierungsstellen für Opfer von Diskriminierung in allen 16 Bundesländern. Zum anderen wird der Polizeit des Bundes und der Länder empfohlen, eine Studie zum Racial Profiling in Auftrag zu geben und sich an dieser mit dem Ziel zu beteiligen, diese Form des institutionalisierten Rassismus zu beenden. Des Weiteren wurde mit Sorge festgestellt, dass konstant rassistische Aussagen verstärkt im öffentlichen und politischen Diskurs getätigt werden und Resonanz erhalten. Die Neue Rechte erfährt breite Zustimmung aus der Gesellschaft, welches sich z.B. in den Wahlerfolgen der Partei Alternative für Deutschland ablesen lässt. Darüberhinaus wird den Behörden empfohlen, Roma-Mediator*innen einzusetzen, um u.a. Kontakte zu abgeschieden lebenden Gruppen neu zugezogener Roma zu knüpfen, denn diese stoßen aufgrund ihrer prekären Lebensumstände häufig auf Ablehnung durch ihre Nachbar*innen und der Allgemeinheit.

Antidiskriminierungsstelle des Bunde: "Größere Anstrengungen in Deutschland nötig"

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) äußerte sich nach der Veröffentlichung des Berichtes wie folgt: „Der Bericht von ECRI unterstreicht, dass Deutschland größere Anstrengungen unternehmen muss, um Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen“, so der kommissarische Leiter der ADS Bernhard Franke. Die gesamte Pressemitteilung der ADS zum ECRI-Bericht finden Sie -> hier

Die Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit des Planerladen e.V. unterstützt die Aussage der ADS und befürwortet die in dem Bericht beschriebenen Handlungsempfehlungen. Es fällt jedoch auf, dass in der Untersuchung zu dem Thema „Integration und Inklusion“ ein besonders wichtiger Bereich fehlt, der ein essentieller Bestandteil von guten und sicheren Lebensbedingungen ist: der Bereich Wohnen. Nachweislich werden auch weiterhin Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder zugeschriebenen Herkunft auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert. In Zeiten, in denen der soziale Wohnungsbau immer stärker dezimiert wird, die Privatisierung von Wohnungsbeständen voranschreitet und Wohnen immer teurer wird, sind konkrete Maßnahmen von Seiten der Politik unabdingbar, um den Zugang zu adäquatem Wohnraum für alle in Deutschland lebenden Menschen zu ermöglichen!

Den vollständigen Bericht der Kommission finden Sie -> hier.